Malerei
Judith Baum & Katharina Razumovsky in der k/haus-Galerie, Wien 2008
Thema sind Gefühle und Partnersuche im Zeitalter von Konsum, Neokapitalismus und Internet.
In den Strategien der Selbstinszenierung und -vermarktung, die in der zeitgemäßen Partnersuche mittlerweile unabdingbar sind, erkennen die beiden Künstlerinnen deutliche Parallelen zu den Mechanismen des Kunstmarktes.
In verschiedenen Aktionen im öffentlichen Raumbegeben sie sich ebenso schamlos wie selbstbewußt auf die schmale Gratwanderung zwischen lustvoller Selbstdarstellung und erniedrigender Selbstanpreisung.
Judith Baum bearbeitet die schillernde Palette unterschiedlichster Selbstdarstellungen von gewöhnlichen Usern in diversen Partnerbörsen durch Bild und Wort im Medium der Malerei.
Doch auch der romantischen Liebe wird eine Chance gegeben.
… Thomas Mieszgang:
Die Spannung, die Reibungshitze zwischen virtueller Partnersuche und Real-Life Experience
In heutiger Zeit ist ja nicht das Ausstellen von Körperlichkeit/Nacktheit peinlich, sondern das Ausstellen von Innerlichkeit/Gefühlen.Drum trifft das Projekt genau an dem Punkt, wo es weh tut.
Was sonst unter dem Deckmantel einer zumindest teilweisen Anonymität an Suchstrategien im Cyberspace abgewickelt wird, gewinnt durch die Inszenierung im öffentlichen Raum eine unangenehme Körperlichkeit:
Zwei Frauen, die sich hinter einem Schild mit der Aufschrift SUCHE MANN selbst anpreisen, bekennen sich zu einer emotionalen Bedürftigkeit, die normalerweise versteckt wird: Der Mensch als Gefühls-Mängelwesen ist in den Jobprofilen der globalisierten Produktionsgesellschaft normalerweise nicht vorgesehen.
Und auch die Männer, die sich via eines grün oder rot aufleuchtenden Lichts einem Echtzeit-Eignungstest unterziehen müssen, begeben sich in eine Situation der emotionalen Verdichtung: Die von Richard Sennet einst diagnostizierte Tyrannei der Intimität wird hier zu einem Theater der emotionalen Grausamkeit, aufgeführt an libidinösen Non-Places, Liebes-Unorten, unter den Augen einer mehr oder weniger interessierten Öffentlichkeit.
Darin steckt natürlich auch ein gerüttelt Maß an Gesellschaftsdiagnose, um nicht zu sagen -kritik: Die Performance ist Anzeiger eines Defizits. Die Möglichkeiten zur Begegnung jenseits professioneller oder familiär geregelter Kommunikationssituationen sind offenbar eng geworden. Der öffentliche Raum, traditionell im Sinne der griechischen Agora, jener Ort, an dem das Politische verhandelt wird, transmutiert somit zu einem Schauplatz privater Befindlichkeiten, die ihrerseits wieder auf komplizierte Weise an gesellschaftliche Sachverhalte rückzubinden sind.
All diese Aspekte spielen in den malerischen Arbeiten von Judith Baum, die die digitalen Medienbilder ins prädigitale System der Malerei rückübersetzen und damit das Spannungsverhältnis von Bildern im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit vs. der Aura des geniekulthaften Pinselschwungs zum Oszillieren bringen, eine zentrale Rolle.