Skip to content

Menu
‚Flauberts Tintenfass’, 2021
partizipatives Projekt mit ‚Herzensdingen‘ im öffentlichen Raum 

9 Fotos / Zeichnungen, alle DinA4, Mischtechnik

Das Projekt fußt auf Byung Chul Han’s aktuellem philosophischen Essay UN-DINGE. Umbrüche einer Lebenswelt, Ullstein 2021. Prof. Han ist Philosoph, Kulturwissenschafter und Medientheoretiker mit Lehrstühlen in Karlsruhe und Berlin. Er verfasst(e) zahlreiche Schriften zu den drängenden gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit.

In Zeiten rasanter Digitalisierung gilt unser Interesse nicht mehr, so wie früher, bestimmten ‚Dingen‘, sprich ‚Herzensdingen‘, sondern vorwiegend Daten und Informationen. (Google, Wikipedia, Facebook, etc.)
Doch Dinge stabilisierenden Menschen, indem sie Kontinuität verleihen. Informationen hingegen sind nicht hand- und dingfest, sie sind flüchtig und halten nur kurze Aktualitätsspannen.
Auch zeitintensive Praktiken sind heute im Verschwinden begriffen. Doch alles, was das menschliche Leben stabilisiert, ist zeitintensiv, wie z.B. Treue, Bindung, Verbindlichkeit, Rituale, reines Verweilen …

Dinge in unserem Besitz sind Behälter von Erinnerungen und Gefühlen. Die Geschichte, die den Dingen durch einen langen Gebrauch zuwächst, beseelt sie zu Herzensdingen. Roland Barthes (analoge) Fotografie seiner Mutter war z.B. ein Herzensding für ihn. Er schreibt über diese Fotografie, zeigt sie dem Leser aber nicht, denn jede Exhibition würde seiner Meinung nach die Aufnahme seiner Mutter zerstören. Diese verlöre in dem Moment ihr Geheimnis und ihre Magie, in dem sie anderen gezeigt würde. Sie ist also der absolute Kontrast zum heutigen Selfie.

Heute nimmt die Digitalisierung den Dingen jede Materialität. Doch schöne handwerklich hergestellte Dinge wärmen das Herz > auch die Handzeichnung.
In Japan verabschiedete man sich früher von Dingen, die man sehr lang in persönlichem Gebrauch hatte, mit einem Zeremoniell im Tempel. (zB.: Brille, der eigene Schreibpinsel) 
Heute werden Dinge nur verbraucht und nicht gebraucht. Doch nur langer Gebrauch beseelt die Dinge.
Nicht umsonst wollte Flaubert mit seinem Tintenfass begraben werden!

Im Projekt ‚Flauberts Tintenfass‘ werden nun solche Dinge selbst in ihrer Andersheit, ihrer Eigenwilligkeit, jenseits ihrer Nützlichkeit gemeinsam mit deren Besitzern zur Sprache gebracht und (von mir) auch in Handzeichnungen umgesetzt.
So wird den Herzensdingen zusätzlich Aufmerksamkeit, Zeit und auch eine künstlerische Umsetzung gewährt.